Zeit
oder besser: Timing!
Dieses Thema ist erst spät hinzugekommen, obwohl es eines der wichtigsten Themen bei der Anzucht ist. Hier gebe ich viele Informationen, wann was getan werden sollte, mit Berücksichtigung meiner eigenen Erfahrung in Norddeutschland (Raum Bremen). Diese kann durchaus von anderen abweichen, ist aber für mich aber fast schon „Gesetz“. Das Wachstum der Chilipflanzen zwischen Juni und Dezember habe ich in „Mit Chilis durch’s Jahr“ beschrieben.
Eine grobe Übersicht, wo das richtige Timing eine Rolle spielt, sogar über die Zeit der Anzucht hinaus:
1. Planung des Zeitraums der Anzucht und der nötigen Materialien.
2. Einweichen der Samen.
3. Einbringen der Samen in Anzuchterde der Anzuchtbox.
4. Erstes Umtopfen.
5. Weitere Anzuchtzeit.
6. Ende Mai: Zweites und letztes Umtopfen in großen Topf mit anschließendem Ausbringen in den Garten.
7. Juni bis August: Pflege draußen.
8. August bis Oktober: Ernte.
9. November / Dezember: Eventuelle Überwinterung.
Für detailliertere Angaben beschränke ich mich hier auf die Anzucht von Chilis durch Samen mittels (LED-) Licht. Ziel ist es, bis Ende Mai die Pflanzen groß genug zu haben, um sie frostfrei draußen wachsen lassen zu können. Ich beginne also bei meiner folgenden Beschreibung bei Ende Mai und gehe dann zeitlich rückwärts. Dieses Vorgehen empfehle ich auch für die eigene Planung! Anschließend gibt es genauere Informationen und abschließend folgt eine Tabelle mit drei Anzuchtboxen als Beispiel, die nacheinander aktiviert werden. Dabei sind zeitliche Kompromisse einzugehen.
Ende Mai:
Die Pflanzen sind bereit für das letzte Umtopfen und die eingetopften Pflanzen werden frostfrei in den Garten oder auf den Balkon gestellt.
Mitte April (6 Wochen lang):
Erstes Umtopfen. Die Pflanzen kommen von den winzigen Töpfchen der Anzuchtplatte in 7 x 7 cm Plastiktöpfe. Dazu gibt es weißes (plus rötliches) Licht. Die Heizmatte entfällt.
Ende Februar (6 Wochen lang):
Die eingeweichten Samen werden in die Anzuchterde der Mini-Gewächshäuser gebracht. Dazu gibt es bis zum Erscheinen der ersten Keimlinge (ein bis zwei Wochen) rund 30 Grad Erdtemperatur. Anschließend sind es ca. 26 Grad. Von Anfang an gibt es das Grow-LED-Licht.
Späte Mitte Februar (1 Woche lang):
Die Samen werden in dauerhaft warmen Wasser bei 26 bis 32 Grad eingeweicht.
Später Anfang Februar (2 Wochen lang):
Es beginnt die Planung und die Beschaffung der nötigen Materialien, wie Chilisamen, Heizmatte, Anzuchterde und mehr.
Bis hierher die Theorie. Es folgen genauere Beschreibungen in der „richtigen Reihenfolge“, wobei das genannte Datum deutlich früher liegt,
da ich mit mehreren Anzuchtboxen arbeite und zwischen diesen immer zwei Wochen liegen. Trotz der vielen Details sollte man bei Interesse in das jeweilige Fachthema sehen, um meine aktuellsten und möglichst vollständige Erkenntnisse zu verwerten.
Januar und Februar
Man beginnt mit der Planung der Chilianzucht und beschafft die fehlenden Teile.
Welche Dinge vom letzten Jahr müssen ersetzt werden?
Welche Werkzeuge oder welches Zubehör möchte ich zusätzlich nutzen?
Welche Chilisorten möchte ich aussäen und habe ich genug Platz dafür (30 cm bis 50 cm Durchmesser pro Pflanze bei 15 bis 30 cm Topfdurchmesser)?
Für die ungefähre Größe der Pflanzen und deren Anzuchtdauer können meine Datenbank oder meine Sortenseite herangezogen werden.
Wegen der Grow-LEDs ist die Zeit für einen Beginn eher Ende Februar. Dazu gibt man eine Woche vorher die Samen der ersten Anzuchtbox in einfaches Leitungswasser bei 26 – 32 Grad. Das wird gemacht, um Chilisamen einzuweichen, damit sie schneller aus der Samenschale ausbrechen und die Schale abwerfen können. Eine Salpeterlösung nutze ich nicht mehr, da es mit Wasser gefahrloser und einfacher ist.
Als Behälter kann man einen Eiswürfelbehälter oder auch Tütchen mit Zippverschluss nutzen. Wichtig ist die Beschriftung der Chilisorte! Bei der Beschriftung der Zipp-Tütchen sollte man die Schrift mit durchsichtigem Paketklebeband schützen, damit sich die Farbe des angeblich wasserfesten Stiftes nicht abreibt! Die Behälter befinden sich in einer kleinen halb mit Wasser gefüllten Wanne, die auf der angeschlossenen Heizmatte steht, die wiederum auf dem Styropor liegt.
Nach meinen Erfahrungen brauchen Semillas-Samen (www.semillas.de) des Vorjahres diese Behandlung nicht.
Die eingeweichten Samen legt man nach zwei Wochen einzeln in die per Mikrowelle entkeimte Anzuchterde der Mini-Anzuchtbox, gibt 2 bis 5 mm Erde darüber und drückt sie leicht mit trockenen Fingern an.
Die unter der Anzuchtbox liegende Heizmatte, die LED-Beleuchtung und die zwei Miniaturlüfter sind eingeschaltet. Die Heizmatte wird mittels Schaltuhr so eingeschaltet, dass sich eine konstante Temperatur zwischen 26 bis 32 Grad einstellt. Nach zwei Wochen sollte die Temperatur auf 24 Grad reduziert werden. Eine weitere Schaltuhr schaltet die LEDs für 16 Stunden zwischen 06:00 und 22:00 Uhr ein. Die Lüfter laufen dauerhaft wegen des Schimmels.
Der Wasserstand der Erstbefüllung beträgt 3 cm, während danach immer nur auf 1 cm aufgefüllt wird, um den Schimmel im Zaum zu halten und das Wurzelwachstum nicht zu bremsen. Die Erde sollte allerdings nicht über mehrere Tage ganz trocken werden!
Februar und März
Die zu nutzenden 7 x 7 cm Töpfe muss man vorher heiß auswaschen, damit sie richtig sauber und möglichst keimfrei sind! Ich benutze eckige Töpfe, weil ich davon mehr unterbringen kann, als runde Töpfe. Als Erde nutze ich immer noch düngerarme lockere Erde möglichst mit Perliten und / oder Vermeculiten vermischt. Anschließend nimmt man einzeln 15 gekeimte Samen (Keimlinge) sehr vorsichtig aus der Anzuchtplatte heraus und steckt jeden einzeln in einen der Anzuchttöpfe. Aber nur ganz vorsichtig, damit die empfindlichen dünnen Wurzeln keinen Schaden nehmen! Dabei darf gerne etwas von der bisherigen Erde in den neuen Topf gelangen. Diese Anzuchttöpfe stellt man dann zurück in die Bodenwanne des Zimmer-Gewächshaus und gibt eine 0,1%ige Düngergabe nach Anleitung hinzu.
Zusätzlich sollen die kleinen Pflanzen in der Wanne vorsichtig an Sonnenlicht gewöhnt werden und deshalb ist eine Fensterbank in Richtung Osten oder Westen nötig. Auch in diesem Stadium ist Licht sehr wichtig für ein gesundes Wachstum. In Norddeutschland gibt es noch recht wenig Sonne und so bietet sich zusätzlich künstliche Beleuchtung an. Ich nutze fünf weiße 10-Watt-LED-Fluter in ca. 15 cm Abstand, aber man kann auch Experimente mit Pflanzenlampen machen. Bei zu wenig Licht werden die Pflanzen schwach, dünn und wackelig. Wer seinen 15cm hohen Chili stützen muss, hat zu wenig Licht, zu viel Wasser oder zu viel Dünger „verabreicht“ und sollte es besser noch einmal versuchen, solange genügend Samen vorhanden sind. Damit möglichst viele Chilis auf der Fensterbank Platz haben wurde eine Halterung gebaut, die mit 180 cm Breite und 30 cm Tiefe Platz für 7 Wannen mit je 15 Chilis bietet.
Das Wasser sollte möglichst Regenwasser sein. Ansonsten geht auch gering gechlortes, kalkarmes, abgestandenes Leitungswasser.
Inzwischen beschrifte ich nicht mehr die Töpfe, sondern stecke Schilder mit dem jeweiligen Namen in den Topf hinein. So kann man später viel bequemer in einen größeren Topf umtopfen. Wer die Schilder mit einem Tintendrucker bedruckt, sollte wissen, dass die Schilder oft nass werden und die Schrift dann kaum noch lesbar ist. Also einen wasserfester Stift oder Laserdrucker nutzen oder die Tinte mit durchsichtigem Klebeband überkleben, was allerdings auch nicht immer perfekt ist. Einen wasserfesten Stift sollte man unbedingt testen, ob sich die Farbe nicht löst. Dann wäre die Anzucht eine Lotterie! – Schilder aus Holz haben sich nicht bewährt, da sie unleserlich, schimmelig und defekt werden!
Wer, so wie ich, auch Mini-Tomaten aussät, findet in Norddeutschland mit Ende März den richtigen Zeitpunkt zur Aussaat im Hause, sowohl mit,
wie auch ohne künstliches Licht.
April
Aus Platzgründen ist es im April zwingend nötig, die größeren Chilis nach draußen in das große Gewächshaus zu bringen. Es muss aber sichergestellt sein, dass eine Temperatur von 5 Grad nicht unterschritten wird! Weiterhin muss auch die Wasserversorgung sichergestellt sein.
Da die Chilis mit dem Grow-LED-Licht gut wachsen, verzichte ich drinnen auf (riechenden) Dünger.
Mai
Mitte Mai bis Anfang Juni kommt der große Umzug aller Chilipflanzen nach draußen, bzw. teilweise ins Gewächshaus. Dabei muss unbedingt berücksichtigt werden, dass ganz besonders diese jungen Pflanzen keine Temperaturen unter 10 Grad und in den ersten Tagen auch kein volles Sonnenlicht vertragen! Viel Wind, sowie Schnee oder Hagel geht gar nicht! Somit sehe ich die „Eisheiligen“ als ein gutes Indiz, wann ich die Pflanzen nach draußen bringen kann. Eine dauerhafte Unterbringung im Haus ist schwierig, da die Luft oft zu trocken ist und sich kleine liebe Tierchen ansammeln, die mühsam entfernt werden müssen! Wer es trotzdem versuchen möchte, dem sei noch empfohlen, oben auf die Erde eine Schicht Sand zu streuen. Das minimiert zumindest das Auftreten von kleinen Fliegen. Ich arbeite allerdings lieber mit Gelbtafeln.
Der Umzug wird gleich genutzt, um den Pflanzen ein größeres und endgültiges Zuhause zu gönnen – zweites Umtopfen! Zur Vermeidung von „nassen Füssen“ kann man ganz unten im Topf eine Schicht Tongranulat einfüllen. Ich verzichte allerdings darauf und stelle alle Töpfe in passende Untersetzer. Als Erde nehme ich ab jetzt eine gute, vorgedüngte, optional grob gesiebte Pflanzerde. Außerdem bekommt sie noch organischen Dünger nach Vorschrift. Je nach verfügbarem Platz und Platzbedarf der Pflanze, nimmt man einen Topf zwischen 15 und 30cm Durchmesser. Nach meinen Erfahrungen schadet in diesem Stadium nur ein zu kleiner Topf, aber nicht ein zu großer. 15cm-Töpfe nimmt man also für maximal 30cm hohe Pflanzen, während 30cm-Töpfe für Chilis bis zu 1 m Höhe bei Windschutz ausreichen sollten. Mit der Pflanzung in Freiland habe ich keine guten Erfahrungen gemacht, weil vermutlich die Erde zu kalt ist und bleibt. Außerdem kann man dann die Pflanze im November schlecht in wärmere Gegenden bringen, was bei Rocotos gängig ist.
Terminliche Folge der Tätigkeiten
So würde bei mir ein Anzuchtplan mit drei Anzuchtboxen aussehen, wobei in der ersten Zeile mit „Woche 4“ Ende Januar gemeint ist:
Aktion | Zeitraum | Termin |
Planung und Beschaffung der nötigen Materialien | 2 Wochen | Anfang Februar |
Samen von Box 1 einweichen | 1 Woche | späte Mitte Februar |
Samen von Box 1 in Anzuchttöpfchen mit Anzuchterde setzen | 6 Wochen | Anfang März |
Erstes Umtopfen der Keimlinge in 7 x 7 cm Töpfchen | 6 Wochen | Mitte April |
Zweites Umtopfen in große Töpfe und nach draußen bringen | 5 Monate | Ende Mai |